Digitale Disruption

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Größte Bedrohung Disruption – Wie Mittelständler digitale Transformation vorantreiben können und dabei auch in der Zukunft relevant bleiben!

Laut der Protiviti Global Risk Studie von 2020 sehen Geschäftsführer etablierter Unternehmen digitale Disruption als eine der Top Bedrohungen für Relevanz und Wettbewerbsfähigkeit ihrer Organisation in der Zukunft an. Besonders herausfordernd ist es dabei mit “digital-geborenen” Startups zu konkurrieren, wenn es um Agilität, Innovation, Kultur und Technologie geht.

Dem allen zugrunde liegt digitale Transformation. Wer sein Unternehmen nicht fit fürs digitale Zeitalter macht, riskiert auf der Strecke zu bleiben. Digitalisierung greift dabei auf vielen Ebenen: von Geschäftsmodellen, über Kundenpräferenzen, Wettbewerbslandschaft, Arbeitsplatzdynamik, Kampf um Talente und sogar Staatliche Regulierungen. Wie schaffen es mittelständische Unternehmen digitalen Wandel mit Agilität voranzutreiben und gegen digitale Disruption Stand zu halten?

Unser Mentor Joel Barbier, Director of Customer Transformation bei Cisco und Co-Autor des Buches “Orchestrating Transformation” weiß warum sich etablierte Firmen schwer tun mit Wandel und bietet uns tolle Insights und Strategien mit denen sich Mittelständler für die Zukunft wappnen können.

Was ist digitale Disruption überhaupt?

Der Begriff “Disruption” wird oft mit technologischer Innovation gleichgesetzt. Allerdings ist technischer Fortschritt nicht das einzige Merkmal von innovativen, markt-erobernden Unternehmen. Diese Firmen sind deshalb erfolgreicher und disruptieren bestehende Geschäftsmodelle, weil ihre Technologien oder Produkte einen Mehrwert für Kunden schaffen, der monetarisiert wird und den Markt für immer verändert.

Drei Wege der Disruption

Dabei generieren digitale Disrupteure Mehrwert in mindestens einer dieser drei Arten:

  1. Preis/ Kosten Wert
    Die Kosten für Produkte oder Dienstleistungen werden reduziert, Kunden bekommen mehr geboten für denselben Preis oder die Preistransparenz wird erhöht.
  1. Erlebnis Wert
    Komfort, Kontrolle, Personalisierung und sofortige Befriedigung – digitale Disrupteure verbessern auch das Kauf- und Konsumerlebnis der Kunden.
  1. Plattform Wert
    Netzwerkeffekte sind eine Neuheit der digitalen Disruption. Demnach steigt der Wert einer Technologie/ eines Produktes, je mehr Nutzer diese/s hat. Typische Beispiele hierfür sind Uber, Facebook und Twitter.

Digitale Disrupteure lassen sich in zwei Kategorien einteilen: entweder sie agieren als “Value Vampire” oder sie nutzen “Value Vacancies”.

Value Vampires

Die Geschäftsmodelle von Value Vampiren basieren auf drastischer Reduzierung der Kosten für Kunden. Während die Disrupteure Produkte und Dienstleistungen zu geringen Preisen oder gar kostenlos anbieten können, saugen sie den Gewinn-Korridor leer, da etablierte Unternehmen nur schwer gegen die starke Kostenreduktion ankämpfen können und somit das allgemeine Marktvolumen schrumpft. Oft gepaart mit einem zusätzlichen Erlebnis-Mehrwert und Netzwerkeffekten, werden Value Vampire den Markt für immer verändern. Ein typisches Beispiel hierfür ist Amazon: das Modell der Prime-Membership mit kostenloser, 1-2 Tage-Lieferung und dem zusätzlichen Angebot von Videostreaming, kostenlosen Hörbücher und vielem mehr, verdrängte selbst Billiganbieter, wie Walmart aus dem Markt.

Value Vacancies

Digitale Disrupteure schaffen es durch neue Technologien Marktlücken zu finden und auszunutzen. Die gute Nachricht ist, dass diese Marktopportunitäten auch von etablierten Unternehmen ausgeschöpft werden können.

Strategien mit denen etablierte Unternehmen auf die Bedrohung der Disruption reagieren können

Laut Joel Barbier gibt es ein Strategie Playbook mit dem etablierte Unternehmen auf die Bedrohung einer digitalen Disruption reagieren können. Unternehmen können defensiv und offensiv auf Disruption antworten. Im Fokus sollte dabei aber weiterhin stehen, Mehrwert für die Kunden zu generieren.

Harvest (Ernten)

Mit dieser defensiven Strategie versuchen etablierte Unternehmen disruptive Bedrohungen so gut es geht zu blockieren, während sie ihre bedrohten Segmente so lange es geht ausschöpfen und Gewinnmargen optimieren. Ein Beispiel hierfür ist Netflix. Bevor die Firma mit seinem Streamingdienst selbst zum Disrupteur ihres DVD-Verleihservices per Post wurde, automatisierte Netflix seine Lagerhallen um effizientere Lieferungen zu gewährleisten.

Retreat (Rückzug)

Ebenfalls eine defensive Strategie, sollte ein strategischer Rückzug aus bedrohten Segmenten gemacht werden, wenn die Opportunitätskosten ein Segment aufrecht zu halten die Benefits übersteigen. Zu überlegen ist es auch, ob es sich lohnt statt komplett aus dem Markt auszusteigen auf eine bestimmte Nische zu konzentrieren.

Disrupt

Mit dieser offensiven Strategie nutzen Unternehmen Marktlücken um ihr eigenes Kerngeschäft zu disruptieren. Dabei generieren sie durch digitale Innovation Mehrwert in mindestens einem der 3 Bereiche für ihre Kunden. Netflix ist eines der wenigen Beispiele, bei dem ein etabliertes Unternehmen sein eigenes Kerngeschäft erfolgreich disruptiert hat.

Occupy (Vereinnahmen)

Bei dieser offensiven Strategie versuchen etablierte Unternehmen sich Disruptionen selbst anzueignen und ihren Wettbewerbsvorteil heraus zu stellen. Ein Beispiel hierfür ist Sleep Country Canada, einer der marktführenden Matratzenhändler. Als der Onlineshop Caspar 2014 seine Rollmatratzen in der Box auf den Markt brachte, adaptierte der kanadische Matratzenhändler die Innovation und nahm Matratzen in der Box in ihr Sortiment mit auf. Sleep Country hatte als etabliertes Unternehmen den Vorteil, dass die bereits existierenden Niederlassungen als Showrooms dienten und die ausgebauten Lieferketten bei der Liefergeschwindigkeit gegenüber dem neuen, kleinen Onlineshop Caspar.

KMU vs. Startup: Wie schaffen etablierte Unternehmen eine digitale Transformation mit Agilität 

Diese Strategien geben in der Theorie gute Anhaltspunkte, mit denen Unternehmen disruptierenden Startups entgegnen können. Doch in der Praxis fehlt es etablierten Unternehmen oft an Agilität, um sich digitaler Disruption anzupassen und selbst digitalen Wandel voran zu treiben.

Gefordert ist Umdenken und dabei den Kunden nicht aus den Augen lassen:

  1. Transformation fängt bei der Generierung von Kunden-Mehrwert an.
  2. Transformation ist kein einmaliges Event, sondern ein andauernder Prozess.
  3. Nachhaltiger Wandel passiert nicht in einer einzelnen Abteilung oder Funktionalität, es ist ein ganzheitlicher, abteilungsübergreifender Prozess.
  4. Wie bei einer Symphonie, die sich aus vielen Instrumenten zusammensetzt, braucht es einen Dirigenten, der sicherstellt, dass alle Instrumente aufeinander abgestimmt im selben Takt spielen. Mit anderen Worten, es braucht eine Anleitung von oben, die an den Wandel glaubt und mit einer klaren Vision voran schreitet.

 

Wer diese 4 Punkte verinnerlicht, kann sich im nächsten Schritt überlegen:

  • Kunden: wie generiere ich Mehrwert? Welche Bedürfnisse haben meine Kunden? Wo kann Technologie helfen und Dinge erleichtern?
  • Strategie: verfolge ich eine offensive oder defensive Innovationsstrategie?
  • Organisation: was sind die Hindernisse für Wandel innerhalb meiner Organisation?
  • Talent: wie finde ich digital-native Mitarbeiter?
  • Kultur: wie bewirke ich eine größere Risikobereitschaft innerhalb meines Unternehmens?

Wichtig ist zudem, dass sich Manager klar machen, dass Transformationsprozesse keiner festgelegten Formel oder Reihenfolge folgen. Vielmehr besteht der Prozess meistens aus vielen Experimenten, um herauszufinden, welche Strategie und welche Schritte funktionieren.

Digitale Transformation in Ihrem Unternehmen

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Text von Simone Friese, GACC West