Update aus dem Silicon Valley – mit Rückenwind ins New Normal

Veränderung ist eines der Hauptmerkmale des letzten Jahres – und so haben auch wir beim InnovationCamp unsere Angebote angepasst! Wir planen noch mit neuen virtuellen Programmen, und werden Ihnen hier bald ein Update zu den kommenden Veranstaltungen geben. Bis dahin können Sie sich diese Artikel durchlesen, der 2020 bereits im Wirtschaftsmagazin der IHK Karlsruhe sowie bei der IHK Rhein-Neckar erschienen ist. 

Covid-19 hat vor dem Silicon Valley keinen Halt gemacht – doch die Reaktionsfähigkeit von Tech-Unternehmen zeigt erneut, warum das Silicon Valley so wichtig für die Welt ist. Instacart ermöglicht es, Läden zu meiden, während Doordash und UberEats gesamte Regionen mit Lebensmitteln versorgen und Zoom die Brücke ins Homeoffice baut. Covid-19-Patienten kommunizieren über iPads mit ihren Familien, Arztbesuche finden per Video-Chat statt und die Rolle von Twitter als Informationsquelle ist noch wichtiger geworden. Hier im Valley kann man live miterleben, wie jede Branche für eine digitalisierte Zukunft optimiert wird.

Das Leben und Arbeiten war im Silicon Valley tatsächlich schon vor Corona digitaler als in Deutschland – es war üblich, mehrmals in der Woche von zuhause zu arbeiten, online einzukaufen und Apps für den Alltag zu benutzen. Aber auch im Valley hat sich das Arbeiten aufgrund der Krise massiv verändert und ist praktisch komplett ins Digitale übergegangen – die meisten Unternehmen ziehen eine Rückkehr ins Office erst Ende 2021 in Betracht. Twitter hat es sogar allen Mitarbeitern freigestellt, für immer von zuhause zu arbeiten. Die Selbstverständlichkeit dieses Wandels ist unter anderem der ausgezeichneten technischen Ausstattung, einer bereits etablierten digitalen Kommunikationskultur über Tools wie Slack oder Asana, und Führungskräften, die fundierte Erfahrung mit „remote leadership“ haben und nicht Zoom-scheu sind, zu verdanken.

Ein Rückenwind für Big Tech

Eines der Hauptmerkmale des Valleys ist die Geschwindigkeit, mit der sich Unternehmen an Veränderungen anpassen können (der sogenannte „pivot“). Diese Anpassungsbereitschaft und -geschwindigkeit hat es vielen Unternehmen ermöglicht, schnell eine neue Normalität zu etablieren. Das ist auch der starken Präsenz von Tech-Unternehmen zu verdanken, die in dieser Krise naturgemäß mit weniger Einschränkungen als herstellende Industrien zu kämpfen haben.
Covid-19 gibt vielen Tech-Unternehmen, Entwicklern und Investoren tatsächlich Rückenwind, um ganze Branchen neu zu erfinden, da viele Sektoren durch die Pandemie noch stärker auf digitale Lösungen angewiesen sind. Wie es Peter Schwarzenbauer, ehemaliges Mitglied des Vorstands der BMW AG, schon über die Automobilbranche sagte: „Die große Frage ist: Werden Autohersteller schneller lernen ein Tech-Unternehmen zu werden als ein Tech-Unternehmen lernt, Autohersteller zu werden?“ Diese Frage ist inzwischen ein branchenübergreifendes Thema. Das verarbeitende Gewerbe, aber auch Bauwesen, Immobilienwirtschaft und Landwirtschaft werden komplett neu gedacht, mit virtuellen Geschäften und Räumen, modularem Bauen, digitalen Modellen, Steuerungsprozessen mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik-Anwendungen. Im Bauwesen revolutioniert zum Beispiel das Unternehmen Katerra etablierte Abläufe. Ihr integriertes Technologieangebot verbindet BIM (Building Information Modeling) und digitale Designprozesse direkt mit globalen Lieferketten, um Bestellung, Herstellung, Nachverfolgung und Lieferung von Material zu vereinfachen. Da Materialien und Produkte pünktlich und einbaufertig auf den Baustellen eintreffen, spiegelt eine Katerra-Baustelle den Prozess einer Präzisionsmontage wider.
Auch die Investitionsbereitschaft im Valley zeigt, wie sehr sich hier die Mentalität auf Neuerfindung fokussiert. Laut einem Bericht von Fenwick and West hat sich nach einem leichten Rückgang zu Beginn der Pandemie die Anzahl und Höhe von Wagniskapitalinvestitionen kaum verändert. Es wird zwar mehr auf Due Diligence (Prüfungspflicht) geachtet und schnell wachsende Sektoren ordnen sich neu an (beispielsweise stärker in Richtung Gesundheitswesen), aber Investoren wissen, dass es sich gerade jetzt besonders lohnt zu investieren. Eine Krise ist eine Zeit der Entwicklung, in der Rendite bis zu dreimal so hoch sind wie in normalen Zeiten.
Der Grad und die Schnelligkeit der Veränderung während der Pandemie zeigt uns, zu wie viel Neuerfindungen wir als Gesellschaften fähig sind. Doch die Antriebsmotoren, die es Silicon Valley auch nach der Krise ermöglichen sich zukunftsorientiert weiter zu entwickeln, sind genau die Themen, die in Deutschland schleppender vorankommen. Künstliche Intelligenz 5G, Internet of Things (IoT) sind im Valley keine Schlagwörter, sondern Alltagsrealität. Die Bedeutung dieser Bereiche für Deutschland ist klar, und doch werden bei der Skalierung von Lösungen die Bremsen gezogen. Wie es Dr. Olaf Groth, CEO von Cambrian.AI und Wirtschaftsprofessor an der UC Berkeley in einem Webinar betonte, „es fehlt in Deutschland nicht an der intellektuellen Einsicht, sondern wir kommen […] einfach nicht schnell genug zu Potte. Es fehlt an schnellen Implementierungsmodellen und an Experimentier-Sandkästen“. Im Silicon Valley hingegen begegnen Innovationstreiber und Kunden neuen Technologien mit Faszination und mit einer Neugierde zu entdecken, welche Horizonte erobert werden können. Man merkt noch etwas von der „last frontier“, vom wilden Westen und der Aufregung, ein New Normal mitgestalten zu können.

Das New Normal – Arbeiten und Führen auf Distanz

Das inzwischen oft zitierte Konzept des New Normal ist ein spannendes Thema für die vielen Futuristen aus dem Valley, denn die Corona-Krise soll in einem Jahr einen Technologiesprung von zehn Jahren herbeigeführt haben. Und doch ist einer der greifbarsten Trends sehr menschenbezogen – die Entwicklung einer „remote workforce“ und damit verbunden, „remote leadership“ – also Arbeiten und Führen auf Distanz.
Das langfristige Homeoffice ist im Valley und für uns alle eine der markantesten Veränderungen. Sogar die Stadt San Francisco entwickelt gerade einen neuen Charakter – der zentrale Financial District, Standort vieler großer Büros, ist wie ausgestorben und ein regelrechtes Geisterviertel. Da jetzt von überall gearbeitet werden kann, fragen sich Mitarbeiter verständlicherweise, warum sie in der Stadt bleiben sollten beziehungsweise wo sie lieber wohnen möchten. Viele ziehen daher ganz um – warum aus einer kleinen Stadtwohnung arbeiten, wenn man sowieso nicht in Bars oder auf Veranstaltungen gehen, und für das gleiche Geld in einem Haus mit Garten in der Sonne sitzen kann?
Dies ermöglicht eine geographische Entkopplung von Talent. Wenn Mitarbeiter aus aller Welt eingestellt werden können, treten Barrieren wie Visa oder hohe Lebenskosten in den Hintergrund. Es zählen Leistung und niedrigere Lebenshaltungskosten als im Silicon Valley, beides eine klare Stärke Deutschlands. Dies ist eine spannende Chance für Talente weltweit, in neuen Regionen und Industrien zu arbeiten.
Der Grad und die Schnelligkeit der Veränderung während der Pandemie zeigt uns, zu wie viel Neuerfindungen wir als Gesellschaften fähig sind. Doch die Antriebsmotoren, die es Silicon Valley auch nach der Krise ermöglichen sich zukunftsorientiert weiter zu entwickeln, sind genau die Themen, die in Deutschland schleppender vorankommen. Künstliche Intelligenz 5G, Internet of Things (IoT) sind im Valley keine Schlagwörter, sondern Alltagsrealität. Die Bedeutung dieser Bereiche für Deutschland ist klar, und doch werden bei der Skalierung von Lösungen die Bremsen gezogen. Wie es Dr. Olaf Groth, CEO von Cambrian.AI und Wirtschaftsprofessor an der UC Berkeley in einem Webinar betonte, „es fehlt in Deutschland nicht an der intellektuellen Einsicht, sondern wir kommen […] einfach nicht schnell genug zu Potte. Es fehlt an schnellen Implementierungsmodellen und an Experimentier-Sandkästen“. Im Silicon Valley hingegen begegnen Innovationstreiber und Kunden neuen Technologien mit Faszination und mit einer Neugierde zu entdecken, welche Horizonte erobert werden können. Man merkt noch etwas von der „last frontier“, vom wilden Westen und der Aufregung, ein New Normal mitgestalten zu können.
Die Überwindung der Distanz stellt Unternehmen natürlich auch vor Herausforderungen – wie kann ich mein Team digital managen, motivieren, und als Führungskraft für meine Mitarbeiter da sein? Auch hier ist das Silicon Valley Vorreiter: Viele CEOs haben in der Pandemie wöchentliche digitale Fireside Chats eingeführt, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen und Fragen zu beantworten, verlängern Urlaub oder verschenken Mitgliedschaften für digitale Sport und Wellness Apps.
Heißt dieser Trend auch, dass die Zeiten von massiven Campusbüros wie man sie von Google und Facebook kennt, wo Mitarbeitern alles geboten wird, was ihr Herz begehrt (von Restaurants über Fitness- und Wellnessbereiche bis hin zu Kinderbetreuung) vorbei ist? Das scheint unwahrscheinlich – denn Innovation ist kooperativ, inkrementell, baut auf Dialog sowie undurchsichtige Netzwerkeffekte. Innovation ist Teamsport und findet im Kollektiven statt. Nicht in den Köpfen von Einzelnen. Bunte Kärtchen an Kanban Boards kleben, Ideen mit Markern an eine riesige Wand malen, und bei einem Feierabendbier die besten Ideen auf Servietten schreiben – das möchte auch hier niemand langfristig abschaffen. Aber flexibleres Arbeiten, digitale Vernetzung von globalen Standorten, Dezentralisierung von Bürostandorten, weniger Dienstreisen, der Ausbau von virtuellen Welten und eine breitere regionale Verteilung von Talent scheinen langfristige Veränderungen zu sein.
Erfolgreiche Unternehmen sind schlussendlich diejenigen, die sich mit Themen wie Führung, Dialog, Empathie und Teamgeist auf Distanz intensiv auseinandersetzen und sich auf Wandel vorbereiten und einstellen. Es wird in Silicon Valley schon gar nicht mehr vom New Normal gesprochen – sondern vom Next Normal. Denn eins ist sicher – wir stehen erst am Anfang von exponentiellen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Und Innovation ist im Endeffekt die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und damit die eigene Relevanz in einer sich rasant und ständig verändernden Welt zu sichern. Darauf ist Silicon Valley mit seiner Einstellung zur Zukunft vorbereitet: Always be prepared for everything to change.

Veränderung als Chance sehen – auch in Deutschland

Für Unternehmen weltweit ist eine klare Erkenntnis aus dieser Krise, dass der Druck sich zu verändern und mitzuhalten noch höher ist als zuvor. In Deutschland galten hochdigitalisierte deutsche Unternehmen vor der Krise noch als Vorreiter, jetzt kann man (überspitzt gesagt) einpacken, wenn man nicht mit der Digitalisierung und agilem Arbeiten mithält.
Es wird auch die Wichtigkeit von Silicon Valley wieder deutlich – denn wer sind die Gewinner dieser Krise? Google, Zoom, Twitter, Slack – all die großen Tech-Firmen aus dem Silicon Valley. Und wer sind die Verlierer? Unterdigitalisierte Branchen, die nicht mit schneller Veränderung umgehen können – darunter auch viele deutsche Hersteller und Unternehmen. Die Zukunft liegt in der Akzeptanz und Weiterentwicklung von neuen Technologien – sei es Künstliche Intelligenz, Big Data oder 5G. Deutschland kann es sich nicht leisten, in diesen Entwicklungen hinterherzuhinken, denn diese Bereiche bestimmen die Zukunft.

Deutsche Unternehmen können von Silicon Valley etwas ganz Besonderes lernen: Veränderung ist eine Chance! Krisen sind Zeiten der Neuerfindung – und die jetzige Pandemie ist nicht nur einschränkend. Sie öffnet auch Türen, fordert Denker auf, neue Ideen zu entwickeln, globalisiert Investitionen und Technologielandschaften. Denn, da sich niemand mehr persönlich trifft, macht es keinen Unterschied, ob die Person auf dem Zoom-Bildschirm im Silicon Valley oder in Mannheim sitzt. Wichtig ist der Ansatz, die Offenheit für Innovation, die Bereitschaft sich immer wieder zu verändern und die Zukunft zu gestalten. Denn es stimmt mehr denn je – Silicon Valley ist kein bloßer Ort, sondern ein Mindset.

Sie wollen Einblicke in das Ökosystem des Silicon Valley erhalten?

Sie wollen erfahren, wie disruptive Geschäftsmodelle, Technologietrends und neue Innovationsmethoden aus dem Valley auf Ihr Unternehmen oder Geschäftsmodell angewandt werden können? Oder suchen Sie neue Netzwerke oder innovative Start-ups für gemeinsame Kooperationen? Dann ist das InnovationCamp BW Silicon Valley genau das Richtige für Sie!
Das Programm besteht aus virtuellen Workshops mit Mentoren aus dem Silicon Valley sowie individuellem Matchmaking und wird von Emily Raab, Innovationsscout des Landes Baden-Württemberg im Silicon Valley, begleitet.